Donnerstag, 16. Januar 2014

1.43.1 Marina and the Diamonds - The Family Jewels

3.0/10.0

Glaubt man dem britischen Publikum und den chronologischen Aufzeichnungen ihrer Aufnahmen, war der Aufstieg des vorbeiziehenden walisischen Kometen Marina Diamandis ein längerer Prozess. Einer, der untermauert, wie lang so ein Durchbruch auf sich warten lässt, selbst bei gern gesehenen und gelobten Namen, die in vieler Munde sind und lange vor nennenswerten Lead Singles in vieler Leute Ohren herumgeistert.

So kommt es, dass das Debutalbum der damals 24-jährigen erst im Frühjahr 2010 erscheint und im Vereinten Königreich einen breiten Schweif an positiven Rezensionen hinter sich herzieht. Und ja, Marina and the Diamonds spuckt teilweise stabilen Synthpop aus, unterhält träumende Teenager (die gibt es immer) mit fruchtigen Anekdoten und bisher "vollkommen unbehandelten" Weisheiten wie I am not a Robot, schunkelt erfolgreich 45 Minuten lang mit Klangwirrwarr im 4/4-Takt vor sich hin, um, wenn schon nicht die beste, zumindest eine gute Zeit zu bieten.
Spätestens nach der ersten halben Hand voll Tracks gurgelt sich das voluminöse Kopfstimmchen der aus Abergavenny stammenden Fast-Ikone jedoch bereits an die Spitze des Erwartbaren.

Denn: Für jede der geglückten Höhen ihres Stimmrepertoires muss Ms. Diamandis ordentlich Schwung holen und wenn schon nicht davor, dann zumindest danach einen qualitativ wechselhaften Alt abfeuern, dessen Farbe man irgendwann überdrüssig wird.
Das Ergebnis dieses Spiels ist ihr überall heraushör- und erkennbarer Style, mit dem sie einerseits nicht nur wirkt wie eine gejagte Disney-Prinzessin, sondern auch wie die musikalisch talentierte jagende böse Königin. Und beiden ist nach einem Song zumute.

Wie gesagt, verkaufen sich die von ihr selbst geschriebenen Lyrics als keine Weltneuheit, aber sicherlich ausreichend poetisch um dem Kindergeburtstag ein Stück weit "in die besten Jahre gekommenen Teenager" einzuhauchen. Zu empfehlen ist der überaus ehrliche Opener Are you satisfied?, der fast alle Themen des Albums quasi vorwegnimmt, Spaßkanone Mowgli's Road, sowie selbstverständlich der - und jetzt kommt sie - Lead Single: Hollywood, mit leidgeprüfter Wortwahl über die faszinierende amerikanische (Un)wahrheit und unterhaltsamem Mitgröhl-Pop, dem man beim gemeinsten Willen einfach nicht böse sein kann.

Woran es an diesem Album genau scheitert, vermag man nicht zu sagen. Diamandis ist talentiert, unterhaltsam, sie schreibt stabil, sie singt besonders, sie räkelt sich zufriedenstellend - alle, die was in diesem Genre zu suchen haben, finden Fressen.
Und doch könnten diese 45 Minuten so viel besser sein.

StrawHat
(war selber ein träumender Teenager)
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TRACKLIST & HIGHLIGHTS:

01 Are you satisfied?
02 Shampain
03 I am not a Robot
04 Girls
05 Mowgli's Road
06 Obsessions
07 Hollywood
08 The Outsider
09 Hermit the Frog
10 Oh No!
11 Rootless
12 Numb
13 Guilty

Samstag, 11. Januar 2014

2.62 FIFA 14 (PS3)

4.5/10.0

Alle Jahre wieder beglückt EA Sports die Fanwelt mit den Bestsellererfassung der Milliardengeschäfte Mannschaftssport. Global freuen sich Erwachsene wie Kinder über die neuesten Versionen ihrer Must-Buys, denn neue Kader, angeblich weiter ausgearbeitete Feinmechanik, zusätzliche Animationen - ein ganzer Haufen Sneak Peaks aus der langen Liste der Gründe  MADDEN NFL, NHL, NBA2K und FIFA immer wieder zu verteidigen und regelmäßig im Herbst des kommenden Jahres anzusteuern - schenken viel Platz für Vorfreude.
Für gewöhnlich braucht es mindestens einen Sommer, sich auf den Release zu freuen, und mindestens ein Anspielen, die so farbenreich und anmutig erdachte Seifenblase zum Platzen zu bringen.

FIFA ist ein ewig unfertig programmiertes Wrack, das lediglich äußerlich für den anstehenden Trailer zur neuen Saison mit goldener Farbe bestrichen und für die ersten - für viele schon kaufentscheidenden - Eindrücke aufgemotzt wird. In-Game hält es nahezu kein einziges seiner Versprechen, dem Franchise einen neuen Kniff gegeben, dem Match lebendigere Teamdynamik und interaktiveres Ballgefühl hinzugefügt zu haben.
Du spielst hauptsächlich die Spiele der letzten Jahre mit geringfügigen Überarbeitungen und zahlst jedes Mal vollen Preis für den Spaß.

Dieser Spaß bedeutet für mich, mich online mit Begeisterten aus der ganzen Welt messen zu können, und offline einen eigenen Profi in das Geschäft zu schicken, ihn Jahr für Jahr zu neuen Höchstleistungen zu pushen, bis sich attraktivere Vereine melden und sich der saisonale Wert seiner Arbeit bis ins Unermessliche steigert - zu eben den lächerlichen Transferpreisen von denen man das ganze Jahr über hört.
Ein tolles Konzept, das dem Fußballfan das Atmen vieler Sportkomponenten abseits der Realität ermöglicht.
Doch in Wahrheit verschwendet man bloß Zeit und Geld mit dem Gipfel der Sinnlosigkeit.

Die auftretenden Bugs bilden eine eiserne Kette, die dich in der gesamten Karriere nicht los, nur eingeschränkte Transferoptionen zulässt, und eventuelle Titel im Ernstfall von dir fernhält. Denn bist du in deiner Schwierigkeitsstufe der aktuell Beste auf deiner Position, wirst du in richtungsweisenden Spielen nicht eingesetzt und verpasst somit Chancen groß raus zu kommen.
Die auftretenden Verletzungen lösen sich während eines Matches noch in Luft auf oder schicken den falschen, eigentlich unbeeinträchtigten Spieler, vom Platz.
Spieler, die sich wie seelenlose Hüllen bewegen, oft durch Himmel und Hölle glitchen und mit plötzlichen Ballkontakten nicht klar kommen. Teilweise reagieren sie nicht mal, wenn der Ball neben ihnen liegt, weil die Spieler>Ball-Mechanik einfach hängt.
 Schiedsrichterentscheidungen über irrwitzige Abseitsstellungen oder Fouls erschweren ordentliches Aufbauspiel mit purer Frustration, Trainer wechseln Spieler zu wahnsinnigen Zeitpunkten aus.

So einfach das Glücksgefühl über Beherrschung der Mannschaften und großartige Torschüsse sein mag, so unbefriedigend verbaut ist die Exekution dieser wichtigen Dinge.
EA Sports nimmt mit ihrem geldgeilen Minimalaufwand die Freude aus so zielstrebigen und simplen Alltagshighlights wie Fußball - Käufe für optimierte NextGen-Konsolen und die weiteren Versionen sind nicht zu empfehlen und mittlerweile eigentlich prinzipiell nicht mehr vertretbar - da helfen keine schönen Menüs, ermöglichte Duelle gegen Freunde oder langen Karrieremodi mehr, aus denen du mit einem per Mail angekündigten Händedruck und Bankett ins Startmenü katapultiert wirst, als hätten die vergangenen paar hundert Stunden nicht stattgefunden.

StrawHat
(hatte auch FIFA 13 gekauft und wird FIFA 15 nicht kaufen)

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LINKS:

FIFA 14 FAILS, GLITCHES AND BUGS: http://youtu.be/AeS5FBrWePw

Freitag, 3. Januar 2014

1.15.4 Burial - Rival Dealer (EP)

8.6/10.0

Wenn Burial ans imaginative Mischpult tritt und anfängt sein rauschiges, bebendes Ding zu machen, geht der Mond auf und beleuchtet ein einstmals vertraulich und gemütlich wirkendes Szenario. Eines, das sich über gefühlte Jahrzente in einen gefährlichen, kantigen, unfreundlichen Schrottplatz verwandelte und dir in dein Ohr schreit, wie sehr er um Erlösung bettelt.
Wie auf seinem vorhergehendem EP Truant/Rough Sleeper vergehen keine 10 Sekunden, bis du in Burialtown bist - an einen einsamen Stuhl in unüberschaubarer Trostlosigkeit gefesselt, damit du nicht vor einem Blick in die Vorstellungskraft deiner Einsamkeit weglaufen kannst.

Das fast schon jährlich zur - an und für sich - kältesten Zeit des Jahres erscheinende Lebenszeichen von William Bevan hat wieder in kratzenden Elektrokrimskrams gepresste Bildbände seiner mentalen Reisen als aufsteigender Undergroundproduzent im Gepäck. Das Ding mag Rival Dealer heißen, doch aufgrund seiner tragenden Message - nicht zuletzt durch bewundernswerte Samples erzählt - sind wohl so viele Titel für das Track-Dreiergespann möglich, dass der übertragene Sinn der gewählten Überschrift fast schon aus einem anderen Wortuniversum stammen könnte.

Der Titeltrack beginnt in der nun schon seit Jahren eingespielten Uptempo-ausgerichteten Manier, bietet nicht nur den unfreundlichsten Start seit Kindred, sondern ehrliche Wegweiser und auf Inseln verteilte Puzzleteile zur Antwort auf die Frage: Was will dieser Mann uns diesmal zeigen?
Dass Hiders also wie ein überstürztes Happy-End ohne Erklärungen als zweite Nummer folgt, wirkt fast wie die schönste und sauerstoffreichste Nebenepisode aller Zeiten. Es besaß nach dem Release am 16. Dezember fast eine vorweihnachtliche Magie, die man wie die Lichtspiegelung einer Uhr einfach nicht zu fassen bekam.
In die Kammer der Offenbarung führt uns Burial also erst mit der von einer Art Chorsummen und vorrübergehenden Walgesang eingeleiteten Nummer Come Down To Us, einer Aufforderung die sich über die anderen beiden Kompositionen zog wie ein blassroter Faden.
Und als wir diese Kammer betreten, nimmt die von diesem Musikweisen in unser Innenohr projizierte Geschichte Farben an, erzählt die aus Samplefetzen bestehende Überlieferung von vorne.

Berichtet von Hoffnung in eigener hoffnungsloser Ausgestoßenheit, Abgrund-nahem Verlangen nach der gegenteiligen Situation, nimmt jedoch in all seiner erlösenden musikalischen Klarheit nichts von dem finalen Höhepunkt, Lana Wachowskis leider brutal drückende Dankesrede für den Visibility Award der Human Rights Campain, vorweg.
Wachowski und auch Burial schufen mit ihrer Absicht vor Menschlichkeit triefende Brücken zu den gepeinigten Seelen unserer Zeit. Für Menschen, die sich weder gesellschaftlich akzeptiert fühlen, noch inneren Frieden damit finden.
Die Message kam erfolgreich an.

StrawHat
(aus Burialtown)
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TRACKLIST & HIGHLIGHTS:

01 Rival Dealer
02 Hiders
03 Come Down To Us

[try the whole thing please, obviously]