Montag, 23. September 2013

1.40 Nujabes


It's funny how the music put times in perspective /
Add a soundtrack to your life and perfect it /
Whenever you are feeling blue keep walking and we can get far /
Wherever you are.*

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Als Seba Jun kurz nach seinem 36. Geburtstag verstarb, ging ein Raunen durch das Internet. R.I.P.-Bekundungen in Foren, Musikstreamseiten und -portalen verdeutlichten einen menschlichen Verlust, dessen Berichterstattung man in Nachrichtensendungen auf der ganzen Welt fast unbewusst vermisste. Dies lag zum einen daran, dass es nie wirklich etwas publizierenswertes über den Tokyoter Produzenten und DJ zu berichten gab, außer die Entwicklung einer neuen Kollaboration oder der Erscheinung einer weiteren Scheibe. Und zum anderen daran, dass das Internet als unersetzbares Medium der Daten- und Informationsübertragung unter anderem dafür sorgte, dass wohl die Musik keines Künstlers so nachdrücklich und betont empfohlen, verlinkt und geschenkt wurde und wird, wie die einzigartigen Beats von Nujabes.


1 - Beat Laments The World
F.I.L.O., I'd rather do nothing else /
If I follow my heart to the last pulse /
Like the last man down in the towering inferno of Babylon /
First in, last out.**
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Das mag eine äußerst subjektive Auffassung sein - eine, mit der ich mich sogar aus dem Fenster lehne. Gedacht ist es als Ausrufezeichen, das auf dieses viel zu kleine Lebenswerk des Japaners hinweisen soll. Eine große Bitte gar, sich seinen stimmungsbeeinflussenden, menschenverbindenden Tracks zu widmen und zeitnah ein Bild von seiner Musik zu machen.
Was sein rhythmische Down- wie Uptempo-Melodien so faszinierend macht, ist nämlich u.a. die zwirbelnde Jazz-Komponente, die ein zugleich erstaunlich introvertiertes wie forsches, verspieltes Feuerwerk aus dem Datenträger schießen lässt. Die erzählten Rhymes der vielzähligen Jamgäste spielen sich dazu wie aufgezeichnet ab. Man sieht Meisterwerke vor geschlossenem Auge, obwohl es nur die Musik ist, die man real wahrnimmt. Nujabes' abwechslungsreicher Soundspielplatz bietet zeit- und zornvertreibende Attraktionen, die mal instrumental, mal nicht, Raum zum Durchatmen geben. Es putzt das von Druck und Anspannung überlastete Hirn durch, ohne gedankenlos und erfolgsorientiert zu wirken. Gleichzeitig funktionieren die treibenden Beats aber mit einem Ohr lesbar und unkompliziert.
Es ist Jazz Hop-Entspannungsmusik.

2 - Music Is Mine
A freelancer / A battlecry of a hawk make a dove fly and a tear dry /
Wonder why a lone wolf don't run with a clan /
Only trust your instincts and be one with the plan.***

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In den wenigen Jahren, in denen Nujabes aktiv war, wurde also immerhin viel Nachhaltiges geschaffen. Die freundschaftlichen Sessions mit CYNE's Cise Starr, einem einstmaligem Undergroundtalent von der amerikanischen Ostküste, und selbstverständlich den ortsnahen Kompositionen mit Shing02, einem erklärten Freund des Künstlers, da vom selben Fach, mündeten in das weltweit als Meisterwerk angesehene erste Studioalbum Metaphorical Music. Diese über eine Stunde laufende Zusammentragung einzelner vielschichtiger Hip-Hop-Experimente legte den Grundstein für die spätere Anerkennung seiner magischen Tracks.
Richtig interessant wurde es für aufmerksame Ohren jedoch erst mit dem viel gelobten Battlecry, dem legendären Opening der zweischneidigen schwarzen Animekomödie Samurai Champloo, deren 26 Episoden mit Nujabes' unvergleichlichem Tonensemble, sowie den abgeklärten Vocals von Shing02 eingeleitet wurden. Fast vergaß man, dass man die Sendung für die gute Show sah, und nicht für den musikalischen Beitrag.

3 - Spiritual State
Throw your hands up in the sky /
Wave around from side to side /
we about to get fly.****
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Doch Nujabes Lebenswerk ist auch nur mit den durchwegs liebevoll eingebundenen Instrumenten zusammen zu fassen, die auf den weiteren Alben stärker in den Mittelpunkt gerückt wurden. Geglückte Piano-Loops schmiegen sich zärtlich an eine Reihe klassischer Instrumente und den beruhigenden Hip-Hop-Pulsschlag an und eine glückselige Klangwolke tröstet einem das gebrochene Herz, über Jun Sebas tödlichen Unfall an einer tokyoter Autobahnausfahrt und das daraufhin lediglich posthum veröffentlichte dritte Studioalbum Spiritual State.
Der unnötige Tod eines so wertvollen (weil friedfertigen), talentierten menschlichen Wesens ist ein Anhaltspunkt für mich, dass kein Gott, sondern Chaos diese Welt überwacht. Es geht Hand in Hand mit der Erkenntnis wunderschöne, treibende, tragende und inspirierende Melodien zu erfahren, und der absoluten Vergänglichkeit, mit der man sich als lebender Mensch irgendwann befassen muss.
Wenigstens scheine ich für diese Gedanken nun einen passenden Soundtrack gefunden zu haben.

StrawHat
(tief)
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STRAWPINIONS:

Absolute Anspieltipps: Lady Brown, Luv (Sic) Part 3*, Kumomi, Beat Laments The World, F.I.L.O.**, Feather, Battlecry***, Latitude (Remix)****, Spiritual State, City Lights, World's End Rhapsody

LINKS: 

LIVE AT THE MODAL SOUL RELEASE PARTYhttp://youtu.be/hN_4l80sMYM 
NUJABES TRIBUTE SITE:  http://www.nujabes.org

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