Sonntag, 6. Juli 2014

1.37.2 Skrillex - Recess

3.9/10.0

Um sich endlich auch unter die Messungen von musikalischen Tragweiten über 30 Minuten zu wagen, veröffentlichte Sonny Moore unter seinem international berüchtigten Pseudonym Skrillex in diesem Jahr seinen ersten Longplayer. Und mit diesem Wort bezeichnet Mr. Moore eine um zehn Minuten längere Zusammenstellung als auf seiner längsten EP bisher zu finden war.
Die gute Nachricht: Es sind somit nur fünfundvierzig Minuten notwendig, um sich durch das Gerangel an Tonanomalien durchzugraben.

Die schlechte Nachricht: Skrillex lebt einem Hype um ein etwas längereres Soundspektakel - für die große Breite seiner gesammelten Spielereien und Mitschnitte immerhin längst überfällig - größtenteils hinterher.
Oder ist es Skrills Formel, die graue Haare zu sprießen scheint und schon in der Mitte der zweiten Nummer (so ca. ab dem ersten Loop von Fatman Scoops "Bounce!") abgenutzt und bereits gehört wirkt?
Neue Tricks des Twens erwartet man nämlich umsonst. Recess gibt sich natürlich mal aufgedreht mit Piepstönen, mal abgekühlt mit gejammerten Reimen (dem wahren Skrillex-Erkennungsmerkmal), aber selten mit Höhepunkten außerhalb anfassbarer Penetranz. In den meisten Fällen steigert sich seine musikalische Arbeit nicht mal, sondern zieht lediglich nach der Break tote Kaninchen aus einem transparenten Zylinder.

Der Durchsichtigste von allen: der Remix der vor einem dreiviertel Jahr erschienenen Single Try It Out, dessen größte Überraschung wohl die gestutzten Krallen am zwei Minuten lang aufgebauten Höhepunkt sein muss. Ein komprimierter Gipfel des Albums ist die traurige Folge.
Die zweite Single, oben erwähntes Recess (feat. u.a. Kill The Noise und Fatman Scoop), zündet weder im Ohr noch in den Beinen. Und der laute Rest des umfunktionierten Dubs krepiert eingewickelt in einen Teppich, geflickt aus dem guten Feedback von Moores treuem Partyvolk - innerhalb und außerhalb Hollywoods - und bekannten Namen aus diversen Genres, die sich auf dieser Scheibe alle wie ein und derselbe Künstler anhören.

Neben dem begeisterungsfähigen Opener All Is Fair In Love And Brostep (Pluspunkt: Selbstironie ahoi!) und dem viel zu spät tief stapelnden Ende, insbesondere Fire away, überzeugt der Rest so wenig, dass man einen gut gemeinten zweiten Versuch mit dieser LP besser sein lässt und sich die wenigen Stärken des Albums herauspickt. Sie werden dir in Scheibchen wie zufällig am Strand des Trommelfells angeschwemmt. Und nein, Ragga Twins und Chance The Rapper gehören für mich sicherlich nicht dazu.
Wenn dieser Prozentsatz an Gehirnwindungs-zermalmenden Lückenfüllern so hoch ausfallen muss, hab ich als Kritik nur einen Satz für Skrillex übrig:

Bitte mach wieder EPs.

StrawHat
(tried it out)
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TRACKLIST & HIGHLIGHTS:

01 All Is Fair In Love And Brostep
02 Recess (with Kill The Noise feat. Fatman Scoop and Michael Angelakos)
03 Stranger (with KillGraham feat. Sam Dew)
04 Try It Out (with Alvin Risk) (Neon Mix)
05 Coast Is Clear (feat. Chance The Rapper and The Social Experiment)
06 Dirty Vibe (with Diplo feat. G-Dragon and CL)
07 Ragga Bomb (feat. Ragga Twins)
08 Doompy Poomp
09 Fuck That
10 Ease My Mind (feat. Niki & The Dove)
11 Fire Away (feat. Kid Harpoon)

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