Samstag, 23. Juli 2011

2.12 L.A. NOIRE (PS3)


Sweet Jesus, ich kann dieses Cover nicht mehr sehen.
Darum fühlt euch geehrt einen Blick auf meine Meinung zum neuesten Streifzug von Rockstar-Games in die Welt der ewig geplanten und gut entwickelten Spiele zu erhaschen - weil, ganz ehrlich, mit diesem Exemplar bin ich mehr als durch. Es ist erledigt, und ungleich anderer Spiele muss ich dieses wirklich, ernsthaft, eindeutig nicht mehr spielen. Ein Durchgang reicht. Also bitte: Lest mir jedes Wort von den Lippen ab.
Hier die Strawpinion zu L.A. Noire.

Also zuerst einmal ist es Rockstar (GTA, Red Dead Redemption), dem leitenden Entwickler, diesmal nicht gelungen mich mit der mühsam zusammengesetzten Welt umzuhauen. Ihr seid im Los Angeles der 40er Jahre, und zwar in der original nachempfundenen Stadt; teilweise bis auf den Zentimeter genau von alten Plänen und Fotos abgezeichnet. Das ist ein überwältigender Gedanke und sicherlich auch ein Grund dafür, dass der Titel an die 7 Jahre in Produktion war. In dieser Zeit sind auch einige Mitarbeiter von Rockstar gegangen worden, die sich schließlich auf den Schlips getreten fühlten, als sie in den Credits der Endversion nicht großzügig Erwähnung fanden.
Aber nicht nur auf der Map hat das Entwicklerteam (unter anderem auch die Sydneyer Team Bondi übertrieben zugeschlagen, nein, sie haben auch die Zwischensequenzen und damit zusammenhängenden Dialoge aufpoliert, in dem sie die Mimiken ernannter Schauspieler mit zahlreichen Kameras verfolgt und diese mit viel Detailbewusstsein in den Computer geschifft haben. Dieser Effekt ist wahrlich großartig und schiebt dem Spiel die wenigen Pluspunkte zu, die es absolut verdient hat. Es ist ein noch nie dagewesenes Spielgefühl bemerkbar und vorallem Filmfans, die mehr zufällig eine PS3 besitzen, finden darin garantiert Gefallen. Es ist auf jeden Fall innovativ, hübsch und interessant.

Und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass die ganze Geschichte um den Veteranen des zweiten Weltkriegs Cole Phelps (porträtiert von Aaron Staton) an mir vorüberzieht und mich eigentlich genau genommen nicht kratzt. Trotz der ab der Mitte des Spiels (für Rockstar-Games also immernoch recht früh) offensichtlich nahegelegten Intrige, wird verzweifelt versucht das Spiel nach nur wenigen kleinen Fällen in diese Richtung zu lenken. Und dabei war man eigentlich recht zufrieden in der Rolle des aufsteigenden LAPD-Detectives: Es passieren grausame mystische Morde, viele Angehörige machen sich tatverdächtig und an einem selber liegt es, dass man den richtigen Killer durch bewiesenes Köpfchen mit den entscheidenden Fragen löchert und dann auch noch an dessen Mimik erkennt, ob er oder sie einem nun BS verkauft oder nicht.
Da war ich natürlich gleich dahinter, denn es ist eine spannende und verantwortungsvolle Aufgabe. Indizien finden und ein mögliches Motiv zusammenbasteln - welchem geprüften Adventure-Spieler macht das keinen Spaß?
Aber da pfuscht einem die Story dazwischen und lässt dich gnadenlos auffahren. Denn obwohl du die Beweise richtig liest und es sogar deichselst dem vermeindlichen Täter ein Geständnis herauszulocken, passiert nur kurz danach ein ähnlicher Mord und du stehst dumm da, denn du hast den Falschen eingelocht. Wie ist das überhaupt möglich wenn ich schon ein Geständnis habe? Und warum geht die Geschichte nicht weiter darauf ein, sondern belässt es dabei? Warum wirst du trotz mehrmaliger Erwähnung nicht bestraft wenn du im Straßenverkehr unaufmerksam bist und Menschen überfährst? Wieso ist sowas nicht wichtig?
Nein, mit welcher Rechtfertigung wirst du sogar befördert, selbst wenn du keinen einzigen richtigen Beweis findest und dich nur verhältst wie eine traurige Version des guten Detectives, der du sein solltest?
Ich sehe keine Entschuldigung bei solchen Dingen - es ist für mich einfach schlechtes Storytelling.

Gefühlsmäßig kommt es einem miserablen Mafia II ziemlich gleich. Sie gaukeln dir eine Open World vor, in der du praktisch nur Zeit verschwendest um von A nach B zu kommen und gelegentlich triffst du auf hübsche Extras wie damalige wie heutige Sehenswürdigkeiten L.A.s oder seltene Autos. Dabei begleitet dich stets die für diese Zeit bekannte (von mir gern gehörte) Jazzmusik im Radio.
Der von Spiegel Online kritisierte Faktor mit den Straßenverbrechen war für mich fast das Spaßigste im Spiel - ihr findet euch in einem Straßengefecht wieder, müsst schnell und sinnvoll handeln um ein Massaker oder zumindest Desaster zu verhindern. Leider hat dies fast ausnahmslos mit dem Niederstrecken der Beteiligten zu tun. Selten habt ihr die Möglichkeit die Leute lebend einzusperren, deswegen ist es meistens nur die Kugel in den Kopf, die zählt. Und so gewinnen Videospiele nicht mein Herz, auch wenn die stark an Film Noir angelehnte Erzählung (deswegen der Titel) noch so berauschend dargestellt wird.

Die Charaktere sind kalt wie Bachforellen, ihr habt keine Chance eure Entscheidungen mit denen von Cole Phelps zu vergleichen, es bleibt kein Platz für Kompromisse. Ihr seid daran gebunden ob der sonst sehr moralisch lebende Cole plötzlich Schlagseite bekommt und eine private Entscheidung trifft, die für seine Karriere maßgeblich ist oder die Rolle des Protagonisten wie aus dem Nichts auf jemand anderen übergeht.
Da und dort bekommt ihr durch Zeitungsartikel Hinweise auf den möglichen Hauptplot des Spiels. Und auch wenn die Idee auf einer ihrer großen Rockstar-Konferenzen sicher toll ankam, frage ich mich wie ich diese Zeitungsartikelsache verstehen soll, denn es wird nicht geklärt ob nur ich als Spieler die Ereignisse in einer Zwischensequenz erlebe, Phelps die gleichen Eindrücke durch den Artikel gewinnt, oder er es nicht so detailliert verstehen kann wie ich. Noch dazu sagt einem das Spiel gegen Anfang "man hat selber zu entscheiden ob jene beschriebenen Ereignisse nun zum aktuellen Fall beitragen oder nicht". Wtf? Can I tell?

Wie zu erwarten war, ist die Conclusion der gesamten Geschichte ein fast erwartbares Mischmasch aus diversen Flashbacks von Phelps Einheit im fernöstlichen World War II, sowie mehreren Einzelfällen aus der anfänglichen wie späteren Story. Ob hier ein atemberaubender Twist nötig gewesen wäre, lässt sich diskutieren. Mir jedenfalls war es zu lahm weil zu durchschaubar.

Und der letzte Satz bezeichnet dann fast das ganze Spiel. Keine Rockstar-üblichen Überraschungen (was andererseits wohl sicherlich auf die Kooperation mit anderen Machern zurückzuführen ist) und bis auf die tolle Mimik keine außerordentlich bemerkenswerten Pros.
Deswegen war das Durchspielen auch mehr eine müßige Arbeit für stille Abendstunden. Wie ein schlechtes Buch, das man zwar empfohlen bekommen hat, aber nichts damit anfangen kann.

StrawHat
(hat noch keinen Film mit Aaron Staton gesehen)
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LINKS:

L.A. NOIRE TRAILER: http://youtu.be/lKf26Ap0RHI

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