Mittwoch, 7. August 2013

1.38.1 Kavinsky - OutRun

6.5/10.0

Der nächste EP-Kandidat. Die letzten sieben Jahre brachte der Pariser in fast regelmäßigen Abständen kleine Schmankerlsammlungen heraus, die DJs auf der ganzen Welt mit tranigen Synths und regeren Remixes versorgten. Im Februar 2013 veröffentlichte er jedoch schließlich ein ersehntes 45 Minuten-Album, das von Kritikern (möglicherweise durch die naheliegende Assoziation mit dem Film Drive) quasi durchgewunken wurde.
Durch den Remix der Single Odd World stieß ich schließlich auf die weiteren zusammengetragenen Werke des Nightcall-Komponisten.

Mit eben diesem Track fing es für mich nämlich ebenfalls an. Das denkwürdige Opening zum umwerfenden (nicht mehr so geheimen) Geheimtipp mit dem charismatischen Ryan Gosling in der Haupt- und dem genialen Bryan Cranston in der Nebenrolle. Die Emotion, der schwere Beat, die rührende Bewegung im Titelsong verursachte ein genauso lachendes wie melancholisches Musikfreundherz. Der Name Kavinsky blieb im Ohr, der Sound sowieso. Die zuständigen Mitarbeiter unter der Regie von Nicolas Winding Refn haben mit Kavinsky wahrlich ein gutes Ohr bewiesen.

Dass der Herr nun mit dem restlichen Studioalbum natürlich nicht aus dem Windschatten der geschlagenen Welle heraussurft, sondern seinen Autobezug zu einem Konzept umwandelt - ja sogar eine dramatische Backstory dazudichtet - ist ihm nicht anzukreiden. Die ausgegrabenen 80er-Synths funktionieren charmant und unaufdringlich, die vermeindliche Story wird mit (wenn vorhanden) lyrischer Fertigkeit erzählt und dieser donnernde Bass bietet den Boxen eine gern gehörte Aufgabe.

OutRun (benannt nach dem Sega-Arcade-Game aus den tiefen 1980er Jahren) wechselt sich geradezu launisch zwischen flotten elektronischen Effekten, fast stressenden Passagen, die an den wankelmütigen Flow von Kriminalfilmen aus derselben Ära erinnern, und langsamen, untanzbaren Tracks ab. Ein Umstand, der die Bewertung eines ebenso zielgerichteten wie unsteten, darüber hinaus größtenteils instrumentalen, Longplayers nicht gerade erleichtert.

Es ist nämlich meiner Meinung nach schwer, sich Kavinskys mitreissender Einstellung gegenüber seinem eigenen Sound zu verwehren, die wiedermal bestätigt meisterliche Handschrift eines Daft Punk-Bruchteils in der Rolle des Produzenten zu überhören.
Man könnte OutRun ein Kraftalbum nennen. Eines von denen, das hauptsächlich auf deutschen Tempolimit-losen Autobahnteilen gehört werden sollte, einfach weil es da hingehört. Alles unter einem deutlichen Bassverstärker wird dem Album zudem leider nicht gerecht: Ohne das komplett genutzte Ventil, öffnen sich auf der anregenden Scheibe nämlich Löcher, die man eigentlich überhören sollte.
Eine gewisse Oberflächlichkeit ist nämlich unbestreitbar.
Ja, er lässt Mobb Deep-Rapper Havoc zu seinem schlagenden Suburbia ans Mic treten, aber mehr als das heilige fast, fast car bleibt dabei einfach nicht hängen.
Einleitung und Outro bilden einen gefühlsechten Rahmen, aber sonderlich tief ist die Ermunterung dazu, sich hinters Steuer zu setzen und dem allgegenwärtigen Vibe des Albums Folge zu leisten, auch nicht.

Wohin also mit all dieser Energie? Was folgt?
Ich bete, dass Kavinskys Retro-Verständnis bei kommenden Werken keine Sackgasse bildet, sondern viele neue Straßen baut, die einen dem abgedroschenen Sound von vor 30 Jahren wieder näher bringt und uns vergessen lässt, dass man ihm skeptisch entgegen zu treten hat.

StrawHat
(mochte OutRun, liebt Drive)
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TRACKLIST & HIGHLIGHTS:

01 Prelude
02 Blizzard
03 ProtoVision
04 Odd Look (feat. SebastiAn)
05 Rampage
06 Suburbia (feat. Havoc)
07 Testarossa Autodrive
08 Nightcall (feat. Lovefoxxx)
09 Deadcruiser
10 Grand Canyon
11 First Blood (feat. Tyson)
12 Roadgame
13 Endless

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