Samstag, 7. Dezember 2013

1.41.1 The Naked And Famous - Passive Me, Aggressive You

4.6/10.0

 Liest man sich lokale Albumbewertungen aus dem - zumindest von hier aus gesehen - weit entfernten Neuseeland über das Debutalbum der fünfköpfigen Indie-Popband The Naked And Famous durch, ist ein hoffnungsvoller Ton, ein unterdrücktes Flehen um internationale Akzeptanz nicht zu überhören.
Denn hat der Wurmfortsatz der Erde kulturell gesehen - nebst umwerfend attraktiven Landschaften - viele höchst interessante Aspekte, ist der musikalische Auswurf nicht mehr als relativ unbekannt für den Rest der Welt. Oder kennst du neuseeländische Rockstars?
Das habe ich mir gedacht.

Umso beeindruckender wie authentisch und selbstbewusst das Ensemble um lead vocalist Alisa Xayalith ihren Gefrierfach-Sound von den Bandproben auf ein Studioalbum übersetzen konnte, das definitiv so klingt wie geplant: Jugendlich und aufdringlich indietronisch.
Tatsächlich ist das Synth-lastige Rockwerk eine kalte Dusche an neu entstandenen Musikrichtungen, die mehr für poppige Tanzbarkeit zur Verfügung stehen, als elektrisierende, paralysierende Gitarrenriffs. Wieder keine Rockstars für Neuseeland.

Ihre Scheibe Passive Me, Aggressive You kristallisiert immerhin aufgeweckt vor sich hin, wummert nach wenigen Songs aber langsam in Richung transparenter Songmühe und Geräuschüberladung, die sich negativem Nachgeschmack fügen muss, und als bewusste Gegensteuerung ruhige Etappen - wie etwa Piano-Überleitung The Source - einleitet.

Eine Überleitung, die sich gewaschen hat. Denn aus der zu begrüßenden Ruhe erhebt sich mit The Sun das wertvolle Highlight in der Tracklist. Die ausgeklügelte Steigerung von fundamentiertem, unüberlastetem Klang endet in einer bedrückenden Schleife aus hörbarer, glaubenswerter Verzweiflung über unausweichbare Konfrontation mit kommenden Konsequenzen.
Ein Thema, über das sich ihr bislang einziger Nr. 1-Hit Young Blood in seiner fluoreszierenden Flugbahn herzlich wenig Gedanken machen muss. Die Medienwelt stürzte sich wie ein Haufen polynesischer Ratten über seine vielseitige Verwendbarkeit - er wurde in Serien und Werbeübergängen eingesetzt, und schaffte es natürlich in den erneut gelungenen Soundtrack von SSX, in dem er bei mir nachhaltigen Eindruck hinterließ.

Recht viel mehr ausdrücklich positive Seiten hat das Album leider aber nicht parat. Psychedelische Elemente werden zwar angedroht, sterben aber im ersten Schritt kraftlos ab. Der warme Bademantel nach dem kühlen Gebirgsbachbad ist deutlich zu kurz geraten - der Hörer friert auf der vergeblichen Suche nach ansprechender, wärmender Harmonie. Wurde die gefährliche Küste des Kitschs von der Band erfolgreich umschifft, so läuft man spätestens am Strand der Entscheidungslosigkeit auf Grund. Xayaliths gesangliche Interpretation ist altes Zuckerbrot im besten Fall, und ein aufgeweichter Gehstock im schlechtesten. Der Rest der Band fällt trotz stabiler Performance ein Stück weit der Überproduktion zum Opfer.

Der Weltmarkt kann nur mit schleimigstem Kommerz oder unwiderstehlichstem Sound angegriffen werden. Die Idee, einen Mittelpunkt zu finden, ist weder neu noch gut - The Naked And Famous bergen aber genug Sommerhit-Potential um sich internationale Freunde zu machen. Und sind sie definitiv kein typischer Dauergast in meiner Playlist - für die nächsten Snowboard-Abfahrten stehen sie bereit.

StrawHat
(hat Sehnsucht nach einem Gebirgsbachbad)
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TRACKLIST & HIGHLIGHTS:

01 All of this
02 Punching in a Dream
03 Frayed
04 The Source
05 The Sun
06 Eyes
07 Young Blood
08 No Way
09 Spank
10 Jilted Lovers
11 A Wolf in Geek's Clothing
12 The Ends
13 Girls like you

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